„Der Fall ist ein Riesen­skandal und die Bankrott­erklärung der westlichen Rechts­staatlichkeit. Wenn Julian Assange verurteilt wird, dann ist das ein Todes­urteil für die Pressefreiheit.“ Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter

„Manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Grossbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte.“

So fasst der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, die Situation von Julian Assange zusammen. Es ist höchste Zeit, dieses Unrecht zu beenden!

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Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 bauten die USA ihren Sicherheitsapparat ganz wesentlich aus, begannen diverse Kriege und änderten ihre Regierungsstrategie hin zu immer mehr Geheimhaltung, Intransparenz und Kompetenzerweiterung für die Geheimdienste. Vor diesem Hintergrund gründete Julian Assange 2006 die Whistleblower-Plattform Wikileaks, wo anonym Hinweise und Dokumente eingebracht und veröffentlicht werden konnten. Dabei kooperierte Wikileaks mit anderen journalistischen Medien wie dem Guardian, El Pais oder der New York Times. Durch die Arbeit von Wikileaks wurden etwa das «Collateral Murder»-Massaker der US-Streitkräfte oder das CIA-Folterprogramm breit bekannt. „Wikileaks ist die Folge wuchernder Geheim­haltung und widerspiegelt die mangelnde Transparenz unserer modernen Staatswesen. Sicher, es gibt enge Zonen, wo Vertraulichkeit durchaus wichtig sein kann. Aber wenn wir nicht mehr wissen, was unsere Regierungen tun und nach welchen Kriterien und wenn Straftaten nicht mehr verfolgt werden, dann ist das für die gesellschaftliche Integrität unglaublich gefährlich“, warnt der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer. Als Gründer von WikiLeaks wurde Assange jedoch nicht als Journalist eingestuft, weswegen 2010 in den USA heimlich ein Spionageverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.

Kurze Zeit später wurden in Schweden unter sehr zweifelhaften Umständen Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhoben, die jeglicher Rechtsstaatlichkeit widersprachen, was diverse Fragen aufwarf. „Wenn ein Staat wie Schweden die Fragen des Uno-Sonder­ermittlers für Folter nicht beantworten will, dann ist sich die Regierung der Unrechtmässigkeit ihres Verhaltens bewusst. Dann will sie für ihr Handeln keine Verantwortung übernehmen.“, erklärt der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer.

Aufgrund des US-Spionageverfahrens erhielt Assange dann 2012 politisches Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London. 2013 wollte Schweden die Vorwürfe eigentlich fallen lassen, aber britische Ermittler drängten darauf, das nicht zu tun. Erst im Mai 2017 stellten die schwedischen Behörden die Ermittlungen ein, aber Assange blieb weiter im Schutz der Botschaft.

Nachdem ihm das Asyl im April 2019 von Ecuador entzogen wurde, kam Assange in Isolationshaft in ein britisches Hochsicherheitsgefängnis. Begründet wird dies mit einem Verstoß gegen britische Kautionsauflagen und nach wie vor gab es kein offizielles Verfahren, gegen das Assange juristisch vorgehen hätte können. „Julian Assange wurde von Schweden, England, Ecuador und den USA gezielt psychologisch gefoltert. Zuerst mit der Art von zutiefst willkürlicher Prozess­führung. Die Verfahrens­führung von Schweden, mit aktiver Beihilfe durch England, war darauf ausgerichtet, ihn unter Druck zu setzen und in der Botschaft festzusetzen.“, führt Melzer aus. Dies ist der Gipfel der Missachtung der Gesetze aus politischer Motivation gegen einen investigativen Journalisten. „Ich sage nicht, Julian Assange sei ein Engel. Oder ein Held. Aber das muss er auch nicht sein. Denn wir sprechen von Menschen­rechten und nicht von Engels- oder Helden­rechten. Assange ist ein Mensch, er hat das Recht, sich zu verteidigen und menschlich behandelt zu werden. Was auch immer man Assange vorwirft, er hat ein Recht auf ein faires Verfahren.“, mahnt Nils Melzer. Im Mai 2019 nahm Schweden die Ermittlungen samt Haftbefehl wieder auf. Zeitgleich erhoben die USA Anklage gegen Assange laut Espionage Act und stellten kurze Zeit später im Juni ein Auslieferungsgesuch an Großbritannien. Ähnliche Verfahren wie das gegen Assange führten und führen die USA auch gegen Chelsea Manning und Edward Snowden. Beide deckten als Whistleblower rechtswidrige Tätigkeiten u.a. der US-Behörden, des US-Militärs und anderer Five-Eyes-Länder auf.

Der Gesundheitszustand von Assange verschlechterte sich in den darauffolgenden Monaten dramatisch, dennoch wurde und wird ihm die notwendige medizinische Betreuung verwehrt. „Die Diagnose der beiden Ärzte war eindeutig: Julian Assange zeigte die typischen Symptome psychologischer Folter. Wenn er nicht bald in Schutz genommen werde, sei mit einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheits­zustandes zu rechnen, bis hin zur Todesfolge.“, bemerkt Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter. Melzer weiter: „Vier demokratische Staaten schließen sich zusammen, USA, Ecuador, Schweden und Großbritannien, um mit ihrer geballten Macht aus einem Mann ein Monster zu machen, damit man ihn nachher auf dem Scheiter­haufen verbrennen kann, ohne dass jemand aufschreit. Der Fall ist ein Riesen­skandal und die Bankrott­erklärung der westlichen Rechts­staatlichkeit. Wenn Julian Assange verurteilt wird, dann ist das ein Todes­urteil für die Pressefreiheit.“ Im November 2019 stellte Schweden erneut die Ermittlungen ein, doch der US-Auslieferungsantrag steht.

Begründung

Der Fall Julian Assange stellt die westlichen Gesellschaften vor eine Schicksalsfrage: Führen wir unsere Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit nur dann ins Feld, wenn wir andere Staaten kritisieren, oder nehmen wir sie wirklich ernst und praktizieren sie? Dann müssen wir sie nicht nur in politischen Belehrungen anderer hochhalten, sondern auch in schwierigen und als unbequem empfundenen Situationen anwenden. Sie würden dann nicht nur für diejenigen Personen gelten, die Regierungen unterstützen oder sich im Sinne des Status quo äußern, sondern besonders für diejenigen, die laut Kritik üben, den Finger in die Wunde legen und sich mit den Mächtigen anlegen. Gerade für diese Menschen müssen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit gelten, gerade für diese Menschen sind sie gedacht, denn genau diese Menschen benötigen den Schutz. Versagen wir als Gesellschaft in solchen Fällen den Schutzbedürftigen ihre Rechte und Freiheiten, so sind unsere Werte tatsächlich nichts wert, weil sie genau dann nicht gelten würden, wenn es überhaupt auf sie ankommt. Gefälliger Journalismus benötigt keinen Schutz, Julian Assange hingegen braucht ihn dringend.

Forderungen

Wir fordern von der deutschen Regierung, der britischen Regierung, der US-Regierung, den Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Europäische Kommission, ihr Handeln strikt an der Rechtsstaatlichkeit, den Menschenrechten und der Pressefreiheit auszurichten und auch gegenseitig auf deren Einhaltung hinzuwirken. Konkret fordern wir:

  1. Julian Assange muss sofort die nötige psychologische und medizinische Versorgung bekommen.
  2. Die USA müssen die Spionage-Anschuldigungen gegen Julian Assange sofort fallen lassen und in der Folge muss Großbritannien ihn sofort freilassen.
  3. Großbritannien darf Julian Assange keinesfalls an die USA ausliefern, weil ein unfaires Gerichtsverfahren und Folter drohen.
  4. Die Vorgehensweisen der Behörden in Schweden und Großbritannien, die zu diesem unhaltbaren Zustand geführt haben, sind lückenlos und öffentlich aufzuklären.

Wir müssen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit gerade in diesem Fall mit Nachdruck die nötige Geltung verschaffen.

Abschließendes

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Grundlage für die obigen Forderungen sind die Untersuchungen und Erkenntnisse des UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Nils Melzer, vom Januar 2020: „Eine konstruierte Vergewaltigung und manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Grossbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte“ (English version here). Melzers Bewertung der Vorfälle: „Heute sind die USA aus dem Menschen­rechts­rat der Uno ausgetreten, und weder das «Collateral Murder»-Massaker, die CIA-Folterungen nach 9/11 oder der Aggressions­krieg gegen den Irak haben zu strafrechtlichen Untersuchungen geführt. […] Das wirklich Erschreckende an diesem Fall ist der rechtsfreie Raum, der sich entwickelt hat: Mächtige können straflos über Leichen gehen, und aus Journalismus wird Spionage. Es wird ein Verbrechen, die Wahrheit zu sagen. […] Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System. Kriegs­verbrechen und Folter werden nicht verfolgt. Youtube-Videos zirkulieren, auf denen amerikanische Soldaten damit prahlen, gefangene irakische Frauen mit routine­mässiger Vergewaltigung in den Selbstmord getrieben zu haben. Niemand untersucht das. Gleichzeitig wird einer mit 175 Jahren Gefängnis bedroht, der solche Dinge aufdeckt.“„Das wirklich Erschreckende an diesem Fall ist der rechtsfreie Raum, der sich entwickelt hat: Mächtige können straflos über Leichen gehen, und aus Journalismus wird Spionage. Es wird ein Verbrechen, die Wahrheit zu sagen.“

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